Schwerpunkt der DV war die kontradiktorische Behandlung der Durchsetzungsinitiative, „Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer“. Für die Vorlage trat Nicola Stocker, Präsident der Jungen SVP Graubünden, Trimmis, auf, dagegen war Roger Kölbener, Sils i.D., Mitglied der Jungfreisinnigen. Die FDP Delegierten fassten diskussionslos die NEIN-Parole. Gegen die Vorlage Heiratsstrafe trat Manuela Fetz, Co-Präsidentin der Jungfreisinnigen, Bonaduz, an. Die Vorlage Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln wurde von Raphaela Holliger, ebenfalls Co-Präsidentin der Jungen FDP, Fürstenaubruck, vorgestellt und zur Ablehnung beantragt. Die Vorlage Sanierung des Gotthard Strassentunnels, wo es um den Bau einer zweiten Tunnelröhre geht, wurde von Regierungspräsident Christian Rathgeb, vorgestellt. Er zeigte unter anderem vor allem die Auswirkungen für und in Graubünden auf, wobei er klar sagte, dass bei einer Schliessung des Gotthard Strassentunnels der Umverkehr in Graubünden nicht zu bewältigen sei. Die einstimmige JA-Parole zu einer 2.Tunnelröhre wurde im Vorfeld bereits durch die FDP-Geschäftsleitung gefällt und von den Delegierten in diesem Sinne zur Kenntnis genommen. Diese DV stand im Zeichen der Jugend, waren doch (fast) sämtliche Referenten aus der Jungen FDP und ein Vertreter der Jungen SVP, welche allesamt die Vorlagen kompetent und engagiert vorstellten und vertraten. Zu Beginn wurden die Delegierten durch den neuen Präsidenten der FDP Ortspartei Thusis, Marcel Bühler begrüsst und Willkommen geheissen.
Im kontradiktorischen Gespräche hatte der Gegner zur Durchsetzungsinitiative, der Jungfreisinnige Roger Kölbener leichtes Spiel. Mit seinen Argumenten konnte er überzeugen. Das Parlament hat im letzten Frühling die Ausschaffungsinitiative mit einem äusserst scharfen Gesetz umgesetzt. Nur wegen der Durchsetzungsinitiative ist es noch nicht in Kraft. Im Vergleich zu diesem Gesetz nimmt die Durchsetzungsinitiative lediglich noch Bagatelldelikte zusätzlich auf. Sie sei entsprechend absolut unverhältnismässig und realitätsfremd. Zudem greife die Durchsetzungsinitiative den von den Freisinnigen aufgebauten Rechtsstaat an und überziehe ihn mit Hohn und Spott. Das fein austarierte Staatssystem müsse erhalten und gerade von den Freisinnigen verteidigt werden, so Kölbener, darum NEIN zu dieser unschweizerischen Durchsetzungsinitiative! Der Befürworter der Initiative, Nicola Stocker, Präsident der Jungen SVP hatte nichts gegen die gegnerischen Argumente zu bieten und somit auf verlorenem Posten stand. Trotzdem versuchte er, gewisse Behauptungen der Gegner zu korrigieren.
Die von der Co-Präsidenten der Jungfreisinnigen, Manuela Fetz, vorgestellte Vorlage Abschaffung sogenannte Heiratsstrafe gab bei den FDP Delegierten auch keinen Diskussionsstoff ab.
Mit einer 2,3-Milliarden-Franken-Giesskanne will die CVP die letzten 80‘000 von der Heiratsstrafe betroffenen Ehepaare befreien. Die Initiative sei jedoch weder zielgerichtet noch verhindere sie neue steuerliche Diskriminierungen, so Manuela Fetz. Auch verhindere sie den Königsweg zur Abschaffung der Heiratsstrafe: die Individualbesteuerung. Nur diese garantiere eine zivilstandsunabhängige Besteuerung ohne neue Diskriminierungen. Kosten würde die Individualbesteuerung etwa gleich viel, nur sei sie viel effizienter, und der einzelne Steuerfranken sei viel besser eingesetzt. Die CVP-Initiative sei jedoch zu teuer und eine schlechte Lösung zugleich! Weiter steht die FDP für Fort- und nicht für Rückschritt. Die Ehe-Definition als Verbund von Mann und Frau sei eine verfassungsmässige Diskriminierung von Gleichgeschlechtlichen Verbindungen. Aus alle diesen Ueberlegungen votiert sie für ein NEIN.
Raphaela Holliger, die Präsidiumskollegin von Manuela Fetzder JFDP referierte zur Juso-Spekulationsinitiative, die sie ebenfalls zur Ablehnung empfahl.
Die Initiative der Juso möchte die Spekulation mit Nahrungsmitteln verbieten und so das Hungerproblem in der dritten Welt lösen. Verlockend, zumindest auf den ersten Blick. In Tat und Wahrheit bewirke die Initiative jedoch genau das Gegenteil: Der Handel mit Nahrungsmitteln sichere die Produktion ab und dämpfe Preisschwankungen – und genau das wäre bei einer Annahme verboten. Den Schweizer Unternehmen aber würden mit viel Bürokratie Knüppel zwischen die Beine geworfen, was den Wirtschaftsstandort und Schweizer Arbeitsplätze gefährde. Die Initiative helfe niemandem, schade aber allen, so Raphaela Holliger abschliessend.
Gespannt waren die Delegierten auf die Ausführungen von Regierungspräsident Christian Rathgeb zum Bau einer 2. Tunnelröhre am Gotthard. Es zeigte sich bald, dass er mit seinen Ausführungen wohl das leichteste und überzeugenste Traktandum bestreiten konnte.
Der Gotthard Strassentunnel muss nach rund 40 Jahren saniert werden. Das Parlament hat nach reiflicher Überlegung beschlossen, hierfür einen Sanierungstunnel zu bauen. Sonst müsste die Verbindung zwischen dem Tessin und dem Rest der Schweiz während über 300 Tagen gekappt werden. Eine Abschottung des Tessins wäre verheerend für den nationalen Zusammenhalt. Auch wirtschaftlich wäre dies für die Schweiz enorm schädlich, denn der Gotthard Strassentunnel ist die Pulsader zum Wirtschaftsraum Norditalien. Auf den Kanton Graubünden bezogen müsse festgestellt werden, dass die San Bernardino Route bereits heute an ihre Kapazitätsgrenzen stosse. Komme dazu, dass jede Verkehrumlagerung zu überproportionaler Zunahme von Pannen und Unfällen führe. Mit einer zweiten Tunnelröhre können zudem eklatante Sicherheitsmängel behoben werden, weil so der Verkehr richtungsgetrennt verläuft. Gleichzeitig bleibt der Alpenschutz gesichert, da jeweils nur eine Spur pro Richtung befahren wird.Lassen wir die Tessiner und auch die Bewohner des Rheinwaldes, die durch einen allfälligen Umverkehr massiven Belastungen ausgesetzt wären, nicht im Stich und bestätigen wir mit einer eindrücklichen Manifestation klar die im Vorfeld durch die FDP Geschäftsleitung einstimmig gefasste JA Parole. So Christian Rathgeb in seinem Schlussvotum.
Die Abstimmungs-Parolen der Bündner FDP.Die Liberalen lauten wie folgt:
-Sanierung Gotthard-Strassentunnel-Zweite Tunnelröhre: JA
-Volksinitiative Für Ehe und Familie - gegen die Heiratsstrafe: NEIN
-Volksinitiative Durchsetzungsinitiative Ausschaffung krimineller Ausländer: NEIN
-Volksinitiative Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln: NEIN
Silvio Zuccolini, Pressechef