FDP Vorschläge und Kritik zum Monumentalwerk Lehrplan 21 (LP 21)

Die Bündner FDP.Die Liberalen stellt in ihrer ausführlichen Vernehmlassung fest, dass im Lehrplan 21 eine Einseitigkeit der Inhalte und der Perspektive aus der Sicht des Konsumenten auszumachen ist. Der Betrachtungswinkel sollte vermehrt auch die Rolle des Einzelnen als mitverantwortlicher und gestaltender Bürger sowie als wirtschaftender Akteur aufzeigen. Die FDP Graubünden fordert eine entsprechende Überprüfung und Anpassung aus folgenden Ueberlegungen.

Grundsätzliche Überlegungen
Die FDP.Die Liberalen Graubünden erachtet es als richtig und wichtig, dass der Lehrplan 21 einen Grundstein zur verstärkten interkantonalen Harmonisierung der Volksschulen legt, damit ein hohes Ausbildungsniveau eingefordert und besser überprüft werden kann und ein für junge Familien bedeutendes Mobilitätshindernis abgebaut wird.
Zudem erachtet die FDP Graubünden den kompetenzorientierter Ansatz des Lehrplanes 21 grundsätzliche als richtig, indem darin festgesetzt wird, was die Schülerinnen und Schüler am Ende der obligatorischen Schulzeit wissen und können müssen, statt wie bisher festzusetzen, was ihnen geboten wird. Dabei ist aber eine Nivellierung gegen unten zu vermeiden, indem auch über dem Standard liegende und höchste Leistungen erwartet, gefördert und belohnt werden (Exzellenz).
Unsere Bedenken betreffen den „monumentalen" Umfang des Lehrplans 21 und die damit verbundenen Kosten. Die Gefahr besteht, dass er das System Volksschule überfordert, sei es in der Umsetzung durch die Kantone, sei es in der Arbeit der Lehrpersonen. Daher ist nach Ansicht der FDP Graubünden der Ausarbeitung entsprechender Lehrmittel, der Instruktion und Fortbildung der Lehrpersonen wie auch dem „Herunterbrechen" des Lehrplanes 21 auf das Niveau der praktischen Arbeit im Schulzimmer die noch grössere Aufmerksamkeit als dem Lehrplan selbst zu schenken (einfache und praktische Umsetzungsinstrumente).
Die FDP Graubünden ist zudem der Ansicht, dass der Lehrplan 21 in seiner Ausrichtung noch zu verbessern ist. Unter anderem ist die Anschlussfähigkeit der Volksschulabgänger dahingehend zu präzisieren und zu überprüfen, dass die Erfordernisse der Arbeitswelt und der weiterführenden Schulen enger fokussiert und vertiefter abgedeckt werden. Dazu gehört, neben der intellektuellen Reflexionsfähigkeit auf gewissen Gebieten auch das in intensiver praktischer Anwendung eingeübte Praxiskönnen auf anderen Gebieten. Etwas weniger Breite zugunsten von mehr Tiefe bringt unter dem Strich mehr und ist eine bessere Lebenshilfe.
Das Konzept von zwei Frühfremdsprachen muss nach Ansicht der FDP Graubünden in den weiteren Arbeiten und Entscheiden rund um den Lehrplan 21 nochmals grundsätzlich überdacht werden. Der Lehrplan 21 bietet die besondere Chance, dies für alle Kantone gemeinsam zu tun. Die Widerstände gegen die heutige Regelung sind zu gross und teilweise auch berechtigt (Sprachlastigkeit, Verwässerung).

 

Monumentalwerk
Eine Überforderung des Systems durch den Lehrplan 21 ist schon darin erkennbar, dass die Politik inhaltlich im Einzelnen kaum Stellung zu nehmen vermag. Auch die einzelne Lehrperson ist angesichts des grossen Umfanges und des Abstraktheitsgrads des LP21 verloren. Daher stellt die FDP Graubünden an den mit der Umsetzung betrauten Kanton wesentliche Fragen, die im Rahmen der Berichterstattung zur Vernehmlassung beantwortet werden müssen:

• Umsetzung generell: Welche Strategie verfolgt der Kanton Graubünden zur angemessenen Umsetzung des Lehrplans 21?
• In welcher Form werden die Vorgaben des Lehrplans 21 durch Kürzung und Vereinfachung in praxistaugliche Umsetzungsinstrumente übersetzt?
• Lehrmittel: Wie wird die zeitgerechte Bereitstellung der zum LP21 passenden Lehrmittel sichergestellt?
• Lehrpersonen: Wie werden die Lehrpersonen auf die Anwendung des Lehrplans 21 vorbereitet?
• Kosten: Welche Kosten entstehen den Gemeinden und dem Kanton für die Umsetzung inklusive Lehrmittel, Fortbildung, Administration und Begleitung?

 

Ausbildungsniveau
Am Ende von jedem Zyklus sollen die Schülerinnen und Schüler in den Fächern Mathematik, Fremd- und Schulsprache sowie in den Naturwissenschaften gewisse Mindestansprüche (Mindestkompetenzen) erfüllen. Diese orientieren sich an den Basisstandards von HarmoS. Überprüft werden sie mit einem noch zu bestimmenden Testsystem. Die FDP Graubünden fordert, dass sich der Kanton Graubünden ebenfalls an diesen interkantonal einheitlichen Standards ausrichtet und sich daran messen lässt.
Die FDP Graubünden möchte weiter die Chance ergreifen, um nicht nur die Basisstandards überprüfen zu lassen, sondern das Testsystem so aufzubauen, dass alle Leistungsniveaus, insbesondere auch die höheren und höchsten, ausgewiesen werden können. Dies um der „(Anpassungs-) Tendenz zur Mitte" (Nivellierung gegen unten) entgegenzuwirken, aber auch, um der Wirtschaft ein Zeichen in Richtung Exzellenz geben zu können.
Im Weiteren ist die Vergleichbarkeit der Resultate mit denjenigen anderer Kantone zu gewährleisten.

 

Praktisches Können versus intellektuelle Reflexion
Die Schulabgänger sollen fit fürs Leben gemacht werden. Ihre Eignung für den Alltag, die Berufsausbildung und für die weiterführenden Schulen ist zu erreichen. Praktisches Tun und Können, Skills zum Handeln, auch mit den Händen, sind im Lehrplan 21 nach Ansicht der FDP Graubünden stärker in den Vordergrund zu ziehen, entgegen dem Trend, alles vor allem in Form von intellektueller Reflexion und theoretischem Wissen zu behandeln. Über alles reflektieren können, ist z.T. unsinnig, geht für die Volksschule zu weit. Leitidee am Beispiel: mehr kochen (können) als übers Kochen reflektieren; mehr sich bewegen, statt über die Vorteile der Bewegung zu reflektieren.
In vorrangigen Bereichen (Mathe, Sprechen, Schreiben) ist mehr Tiefe nötig, hier sind die Grundfertigkeiten auf ein höheres Niveau zu führen. Eine Definition dazu ist nötig, was zu den Grundfertigkeiten gehört und was nicht. Dieser Anspruch ist zu Lasten der Vielfalt an Themen umzusetzen. Weniger, aber solid und anwendungsorientiert Verankertes ist nach Ansicht der FDP Graubünden mehr als eine Fülle von homöopathischen Dosen von Wissen über „alles". Die ganze Breite der „Phänomene dieser Welt" muss nicht schon in der Volksschule erfahren werden, auch wenn sie oft unterhaltend und reizvoll sind.
80% der Inhalte soll durch den Lehrplan 21 vorgegeben werden. 20% sollen in der Hoheit von Schule oder Kanton sein. Dafür sollen besondere Ansprüche für Bewegung, Manuelles, Gestalterisches, Musisches gelten. Die FDP Graubünden fordert die Klärung der folgenden Fragen:


• Wie will der Kanton die 20% gestalten? Überlässt er den Spielraum den Schulen?
• Was ist in diesen 20% zu erbringen?
• Wie stellt der Kanton sicher, dass die ganze verfügbare Zeit nicht schon zu 100% mit anderem (mit den sogenannten 80%) abgedeckt wird?
• Wie werden die fächerübergreifenden Themen in der Praxis sichergestellt?


Im Rahmen des Lehrplans 21 hat nach Ansicht der Bündner FDP.Die Liberalen auch die Neukonzeption des neunten Schuljahres zu erfolgen, mit dem Ziel, auf die dann bereits erfolgte Wahl des weiteren Weges nach der obligatorischen Schulzeit besser einzugehen. Die heute in der 3. Oberstufe beobachtete Abflachung von Motivation, Präsenz und Lernerfolg erfordert eine gewisse Individualisierung je nach Richtung des Weges der Schülerinnen und Schüler nach dem Schulabgang.